Der abessinische Hirte

Unsere kurze Geschichte des Kaffees beginnt im Königreiche Kaffa in Abessinien, dem heutigen Äthiopien. Zu Beginn des 9. Jahrhunderts machte ein ansässiger Ziegenhirte eine seltsame Entdeckung: während sich ein Teil seiner Herde Abends friedlich schlafen legte, war ein anderer Teil auch in der Nacht noch putzmunter. Eine Zeit lang beobachtete der Hirte seine Ziegen, bis er ein entscheidendes Detail bemerkte: es blieben nur diejenigen Tiere wach, die zuvor von einem Strauch mit kirschenähnlichen Früchten genascht hatten. Die Kunde von den schlaflosen Ziegen sprach sich unter den Bewohnern des Landes schnell herum und so gelang es eines Tages kräuterkundigen Mönchen, aus den ungenießbaren Früchten einen trinkbaren Aufguss zu bereiten. Der erste – aus rohen Bohnen gebraute und wohl eher mäßig schmeckende – Kaffee war geboren.
Kaffee Arabica

Ein paar Jahrunderte lang blieb die Kaffeefrucht wohl ein Geheimtipp unter Ziegen, bis sie der Sklavenhandel im 14. Jahrhundert nach Arabien trug (die Kaffeefrucht, nicht die Ziegen). Doch auch dort mochte man sich nicht so recht mit dem – damals noch als Heilmittel verwendeten – Getränk anfreunden, bis in der Mitte des 15. Jahrhunderts jemand auf die Idee kam, dass man die rohen Kaffeebohnen ja auch erstmal auf einer Steinplatte rösten und dann erst zermahlen könnte. Mit dieser Entdeckung begann die Ausbreitung des Kaffees im arabischen Reich: zunächst in den heiligen Städten Mekka und Medina gebraut, überlieferten religiöse Pilger die Kaffeepflanzen in alle Teile des Landes.
Das ist doch getürkt
Die vielen schlaflosen Nächte forderten ihren Tribut: das osmanische Reich eroberte im frühen 16. Jahrhundert weite Gebiete der arabischen Welt und brachte dabei auch Mekka und Medina unter seine Kontrolle. Bei dieser Gelgenheit nahmen die Türken den Kaffee gleich mit nach Hause und nach einigem religiösen hin und her wurde schließlich das erste Kaffeehaus im damaligen Konstantinopel errichtet.
Die neue Welt
Umtriebig wie die Europäer im späten 16. Jahrhundert nunmal waren, war es nur eine Frage der Zeit, bis der Kaffee ins Abendland vordringen würde. Dies geschah in Form des deutschen Arztes Leonhard Rauwolf, der 1582 in seinem Reisebericht aus Aleppo ein schwarzes Getränk beschrieb, das wohlschmeckend und gut bekömmlich sei. Weitere Nachrichten dieser Art gelangten nach Italien und Frankreich, was zu Beginn des 17. Jahrhunderts einen kollektiven Kaffeerausch unter den reicheren Teilen der europäischen Bevölkerung auslöste. London, Venedig und Amsterdam wurden zu ersten Umschlagplätzen für Kaffee und eröffneten die ersten Kaffeehäuser Europas. Im frühen 18. Jahrhundert – Kaffeebohnen wurden inzwischen überall auf der Welt angebaut – war der Kaffee zu einem internationalen Handelsgut und damit auch für weniger gut betuchte Bürger erschwinglich geworden.
Die noch neuere Welt

Im Laufe des 19. Jahrhunderts wurde der Kaffee schließlich in weiten Teilen der Welt zu einem festen Bestandteil des täglichen Lebens. Leider machten die Auswirkungen der damaligen Industrialisierung auch vor dem Kaffee nicht halt: Anfang des 20. Jahrhunderts erfand ein Japaner namens Sartori Kato den löslichen Kaffee – eine Idee, die zu allem Unglück von Nestlé aufgekauft und als Instantkaffee weltweit vermarktet wurde.
Dessen ungeachtet ist Kaffee heute – mit einem Verbrauch von knapp 2 Tassen pro Tag – das beliebteste Getränk der Deutschen. In diesem Sinne möchten wir hiermit den äthiopischen Ziegen des 9. Jahrhunderts danken, die mit ihrer Schlaflosigkeit den weltweiten Siegeszug der Kaffeebohne ermöglicht haben.